Ergebnisse

Erste Ergebnisse der ReReRi-Studie

Im folgenden finden Sie erste ausgewählte Ergebnisse zur Studie. Wir, die an der Durchführung der Studie beteiligten Wissenschaftler, sind gespannt auf die weiteren Auswertungen, an denen wir im Moment arbeiten. Wir sind sicher, dass sie interessante Ergebnisse erbringen werden. Sie werden helfen, geflüchtete Jugendliche besser zu verstehen.

Erster Messzeitpunkt

Im Juli und August 2022 wurde die erste Befragungswelle der ReReRi-Studie erhoben. In der Studie möchten wir herausfinden, auf welche Ressourcen die Jugendlichen zurückgreifen können, um mit ihrer gegenwärtigen Situation umzugehen. Zwei Aspekte aus dem Konzept der Lebensbewältigung (Böhnisch 2016) sind dabei besonders wichtig: Die Zufriedenheit mit dem eigenen Leben sowie Sinn und Ziele im Leben. Zudem interessiert uns, welche Rolle Religion dabei spielt. Im Folgenden werden erste ausgewählte Ergebnisse vorgestellt.

Stichprobe

Unser Ziel war eine Stichprobe mit 200 muslimischen Jugendlichen und 200 christlich-orthodoxen Jugendlichen. Es wurden über 7,500 Einladungen zum Interview per Post versendet. Zudem wurden Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern, und Flüchtlingsklassen in Schulen kontaktiert. Insgesamt konnten 285 Interviews geführt werden. 244 Fragebögen können analysiert werden. Allerdings waren nur fünf christliche Jugendliche darunter. Damit besteht die Stichprobe der ReReRi-Studie in der ersten Befragungswelle aus N = 239 Befragten. Davon sind 223 (93.3 %) muslimisch und 16 (6.7 %) gehören keiner Religion an.

Die Verteilung des Alters in der ReReRi-Studie (N = 239)
Die Verteilung des Geschlechts in der ReReRi-Studie (N = 239)
Der Altersdurchschnitt der Befragten liegt bei 20.27 Jahren. Die meisten Befragten (96.7 %) sind zwischen 16 und 24 Jahre alt. Davon bilden die 18-Jährigen (14.2 %) und die 24-Jährigen (13.4 %) die größten Teilgruppen, die 19-Jährigen die kleinste (6.7 %).  In der Stichprobe befinden sich 148 Männer und 91 Frauen.

Lebenszufriedenheit

Die meisten Befragten sind mit ihrem Leben im Moment zufrieden oder ganz und gar zufrieden (ca. 70 %; Frage: „Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig alles in allem mit Ihrem Leben?“). Fast 14 % der befragten geflüchteten Jugendlichen der ReReRi-Stichprobe wissen gerade nicht, ob sie mit ihrem Leben zufrieden sind oder nicht. Nicht zufrieden bis ganz und gar nicht zufrieden sind mit ca. 16 % eine kleine Gruppe.

Die Zufriedenheit mit dem Leben in der ReReRi-Studie (N = 239)

Lebensziele

Auf einem Spektrum von 1 bis 11 wurden die Befragten gebeten, sich in Bezug auf ihre Zustimmung oder Ablehnung zu insgesamt 9 Aussagen zu deren Lebenszielen bzw. Lebenssinn einzuordnen (Frage: „Wie würden Sie sich auf den folgenden Alternativen einordnen?“, z. B.: In meinem Leben habe ich …: … keine Ziele oder Perspektiven. / … sehr klare Ziele und Perspektiven.). Aus diesen neun Fragen wurde eine Gesamtskala gebildet und deren Mittelwert berechnet. Durchschnittlich schätzen die Befragten den Sinn und die Ziele in ihrem Leben recht hoch ein (M = 7.76, SD = 1.81, vgl. Abbildung).

Mittelwert der Skala zu den Lebenszielen (Purpose in Life, N = 238)

Zudem konnte zwischen der Religiosität der muslimischen Befragten und der Skala zum Lebensziel substantielle Zusammenhänge (r = .27, n = 222) beobachtet werden.

Diskriminierungserfahrungen

Sehr viele Befragte der ReReRi-Studie erleben in ihrem Alltag, dass sie diskriminiert werden. 53.1 % fühlen sich in der Schule oder an der Arbeit schlechter behandelt und 66.6 % sagen, dass sie bei der Arbeitssuche eher abgelehnt werden als andere. Fast alle Befragten sind der Meinung, dass sie sich als Flüchtlinge mehr anstrengen müssen als andere (82.7 %).

Erfahrungen mit Diskriminierung in der ReReRi-Studie (N = 239)

Religiosität

Schließlich wurde noch gefragt, wie religiös sich die Jugendlichen selbst einschätzen (Frage: „Unabhängig davon, ob Sie einer Religionsgemeinschaft angehören, für wie religiös halten Sie sich selbst?“). Die meisten sind unentschieden, ob sie religiös sind oder nicht (43.2 %). 30.1 % sehen sich als eher religiös. Die anderen Antwortoptionen wurden von etwa 10 % der Befragten gewählt.

Selbsteinschätzung der Religiosität in der ReReRi-Studie (N = 239)

Politisches Engagement

Etwas anders sieht es beim politischen Engagement aus (Aussage: „Ich halte es für sinnlos, mich politisch zu engagieren.“). Hier sind die Antworten breiter gestreut. Es gibt keine deutliche Zustimmung oder Ablehnung. Etwa ein Drittel der Befragten halten politisches Engagement für sehr sinnvoll oder für eher sinnvoll (34.4 %). Etwa gleich groß ist die Gruppe, die politisches Engagement für eher nicht sinnvoll erachtet oder gar keinen Sinn darin sehen, sich politisch zu engagieren (32.2 %).

Sinn von politischem Engagement in der ReReRi-Studie (N = 239)

Zweiter Messzeitpunkt

Zwischen dem 23. Januar und dem 27. Februar 2023 fand die zweite Befragungswelle der ReReRi-Studie statt. Das Ziel der Studie ist es herauszufinden, wie zufrieden geflüchtete Jugendliche mit ihrem Leben sind und ob Religion etwas mit dieser Zufriedenheit zu tun hat. Mit dem Konzept der Lebensbewältigung (Böhnisch 2016) möchten wir zudem erklären, auf welche Ressourcen die Jugendlichen zurückgreifen können, um mit ihrer gegenwärtigen Situation umzugehen. Dazu zählt auch eine Abfrage des Wohlbefindens, die danach fragt, wie sich die Jugendlichen in den letzten zwei Wochen vor der Befragung gefühlt haben. Durch den Vergleich mehrerer Befragungswellen ist es möglich, Veränderungen im Empfinden der eigenen Situation, der Zufriedenheit und der Religiosität der Befragten darzustellen. Wir haben außerdem Fragen zur religiösen Lebenspraxis in Bezug auf halal gestellt. Im Folgenden wird eine kleine Auswahl der ersten Ergebnisse von Messzeitpunkt 2 vorgestellt.

Die Ergebnisse auf einen Blick

  • Die überwiegende Mehrheit der Befragten ist muslimisch (88 %).
  • Im Durchschnitt sinkt das Wohlbefinden der Befragten leicht ab.
  • Im Vergleich der beiden Messzeitpunkte sinkt die Religiosität der Befragten leicht ab.
  • Die Mehrheit der muslimischen Befragten gibt an, keine Probleme zu haben, Nahrungsmittel, Kosmetika oder Medikamente zu finden, die „halal“ sind. In Bezug auf den Zugang zu Ärzten, Psychologen oder Psychotherapeuten zeigt sich allerdings eine bedeutsame Diskrepanz zwischen der wahrgenommenen Verfügbarkeit und der Wichtigkeit, religionssensible Ärzte aufzusuchen.

Beschreibung der Stichprobe

Die Stichprobe des zweiten Messzeitpunkts besteht aus N = 143 Personen (davon 87 Männer und 56 Frauen), die auch schon an der ersten Befragung teilgenommen hatten. Davon sind 126 muslimisch und 14 gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Drei weitere Befragte machten keine Angaben zu ihrer Religionszugehörigkeit.

Verteilung der Religionszugehörigkeit (N = 143)

Vergleich des ersten und zweiten Messzeitpunkts

Mit Abschluss des zweiten Messzeitpunkts wird es möglich, einen ersten Vergleich über Veränderungen im zeitlichen Verlauf innerhalb eines halben Jahres anzustellen. Besonders interessant ist dabei, wie sich die Religiosität der Befragten entwickelt hat, um besser zu verstehen, welche Rolle Religion in ihrem Leben spielt.

Die Entwicklung der Religiosität

Auf Grundlage der Skala zur Zentralität von Religiosität (Huber/Huber 2012), die mittels 5 Items die Religiosität der Befragten erfasst, zeigt sich im Vergleich der Mittelwerte zwischen beiden Messzeitpunkten kaum eine Veränderung. Zwar ist die Religiosität der muslimischen Befragten zwischen Messzeitpunkt 1 (M = 3.89; SD = 0.78) und Messzeitpunkt 2 (M = 3.95; SD = 0.71) leicht gestiegen, dieser Unterschied ist aber statistisch nicht signifikant (t(115) = 1.139; p > .05; n = 116; d = 0.08, 95% CI [-0.24, 0.45]).

Teilt man die Skala zur Zentralität von Religiosität in drei Kategorien ein, so zeigt sich auch hier keine nennenswerte Veränderung: Galten im ersten Messzeitpunkt 2.6 % der Befragten als „nichtreligiös“, ist dieser Anteil im zweiten Messzeitpunkt minimal auf 1.7 % gesunken, wobei der Anteil der Befragten, die als „religiös“ gelten, von 41.4 % auf 43.1 % ein wenig gestiegen ist. Quasi unverändert ist der Anteil der Befragten, die als „hochreligiös“ eingestuft werden

Vergleich der Zentralität von Religiosität zwischen MZP 1 und MZP 2 (N = 116)

Die Entwicklung des Wohlbefindens

Das Wohlbefinden wurde in beiden Erhebungswellen über fünf Items erfragt. Die Befragten wurden dabei gebeten, ihre Einschätzung abzugeben, in welchem Maße die Aussagen auf sie zutreffen. Dabei konnten sie sich auf einer 6-stufigen Antwortskala [1] verorten. Die Abbildung zeigt die Skalenmittelwerte, die aus allen fünf Items berechnet wurden.

Vergleicht man die Mittelwerte zwischen Messzeitpunkt 1 und Messzeitpunkt 2, lässt sich ein minimales Absinken des Wohlbefindens beobachten (ΔM = -0.13), aber auch hier ist dieser Unterschied statistisch nicht bedeutsam (t(139) = 1.12; p > .05; n = 140; d = 0.11, 95% CI [-0.22, 0.44]).

Mittelwerte zur Einschätzung des Wohlbefindens (N = 140)

Antwortskala: 1 = zu keinem Zeitpunkt; 2 = ab und zu; 3 = etwas weniger als die Hälfte der Zeit; 4 = etwas mehr als die Hälfte der Zeit; 5 = meistens; 6 = die ganze Zeit.

Verfügbarkeit und Wichtigkeit von halal-Produkten und Dienstleistungen

Für den zweiten Messzeitpunkt wurden neue Variablen in den Fragebogen aufgenommen. Dazu gehören Fragen nach der Verfügbarkeit und der Wichtigkeit von Produkten, die halal sind. Damit soll ein weiterer wichtiger Lebensbereich muslimischer Religiosität erfasst und ermittelt werden, ob dieser Aspekt der Religiosität auch ausgelebt werden kann.

Die Abbildung zeigt die Antworten der Befragten zur Verfügbarkeit und zur Wichtigkeit von Produkten und Dienstleistungen, die halal sind. Die Verfügbarkeit gibt den prozentualen Anteil der Befragten an, die angaben, über einen entsprechenden Zugang zu verfügen (blaue Balken). Die Antwortmöglichkeiten wurden folgendermaßen zusammengefasst: 0 = trifft eher nicht oder überhaupt nicht zu; 1 = trifft eher oder voll und ganz zu. Auffällig ist, dass die Verfügbarkeit von Lebensmitteln (82 %) und Medizin (69 %) recht hoch eingeschätzt wurde, während die Verfügbarkeit von Kosmetika, die halal sind, eher mittelmäßig ausfiel. Die Verfügbarkeit von Ärzten, Psychologen oder Psychotherapeuten, die bei der Behandlung sensibel für die Regeln des Islam sind (29 %) wurde dem gegenüber jedoch sehr gering eingeschätzt (vgl. Abb. 4).

Lenkt man die Aufmerksamkeit darauf, wie wichtig es den Befragten ist, Zugang zu Produkten und Dienstleistungen zu haben, die halal sind, zeichnet sich ein ähnliches Bild (orangene Balken, Antwortmöglichkeiten zusammengefasst: 0 = weniger wichtig; 1 = wichtig). Am wichtigsten war den Befragten der Zugang zu Lebensmitteln, die halal sind (prozentualer Anteil: 80 %), gefolgt von Medizin (64 %). Am wenigsten wichtig war den Befragten der Zugang zu Ärzten, Psychologen oder Psychotherapeuten (54 %) und Kosmetika (52 %).

Mittelwerte der Verfügbarkeit und Wichtigkeit von Produkten, die halal sind

Itemformulierungen (Verfügbarkeit/Wichtigkeit):

  • Ich habe die Möglichkeit, Lebensmittel zu kaufen, die halal sind. (n = 134)/Wie wichtig ist es für Sie, Lebensmittel zu essen, die halal sind? (n = 141)
  • Ich habe Zugang zu Medizin, die halal ist. (n = 122)/Wie wichtig ist es für Sie, Medizin zur Verfügung zu haben, die halal ist? (n = 134)
  • Ich habe Zugang zu einem Arzt/Psychologen/Psychotherapeuten, der bei der Behandlung auf die Regeln des Islam achtet. (n = 116)/Wie wichtig ist es für Sie, Zugang zu einem Arzt/Psychologen/Psychotherapeuten zu haben, der bei der Behandlung auf die Regeln des Islam achtet? (n = 131)
  • Ich habe die Möglichkeit, Produkte für die Körperpflege zu bekommen, die den Halal-Regeln entsprechen. (n = 120)/Wie wichtig ist es für Sie, Produkte für die Körperpflege zu bekommen, die den Halal-Regeln entsprechen? (n = 137)

Die Befragten schätzten den Zugang zu Lebensmitteln und Dienstleistungen, die halal sind, insgesamt als ziemlich wichtig ein. Vergleicht man nun die prozentualen Anteile von Verfügbarkeit und Wichtigkeit, fällt auf, dass die Werte in den meisten Fällen nah beieinanderliegen, es also wenig Diskrepanz gibt zwischen der Möglichkeit und der Wichtigkeit halal-konform zu leben (vgl. jeweils blaue und orangene Balken). Eine Ausnahme bildet die Frage nach dem Zugang zu Ärzten, Psychologen oder Psychotherapeuten. Während 25 % der Befragten angeben, Zugang zu religionssensiblen Ärzten, Psychologen oder Psychotherapeuten zu haben, gaben 52 % der Befragten an, ein solcher Zugang sei ihnen wichtig. Dieser Mittelwertsunterschied ist statistisch signifikant; t(109) = 4,63; < ,001; n = 110 und es zeigt sich eine mittlere Effektstärke (d = -0.55, 95% CI [-0.75, -0.35]).

Dritter Messzeitpunkt

Im Oktober und November 2023 wurde die dritte und damit letzte Befragungswelle der ReReRi-Studie durchgeführt. Das Ziel der Studie ist es herauszufinden, auf welche Ressourcen die Jugendlichen zurückgreifen können, um mit ihrer gegenwärtigen Situation umzugehen. In dieser Befragungswelle wurden einige Fragen wiederholt, die wir bereits im ersten Messzeitpunkt abgefragt hatten. Das macht es möglich, Veränderungen in den Einstellungen unserer Befragten zu entdecken, die sich über den Zeitverlauf ergeben haben. Im Folgenden berichten wir ausgewählte Ergebnisse aus der dritte Erhebungswelle. Für die Vergleiche mit den Ergebnissen aus der ersten Befragung werden nur die Personen in die Auswertung einbezogen, die an der ersten sowie an der dritten Befragung teilgenommen haben.

Zentrale Ergebnisse auf einen Blick

Beschreibung der Stichprobe

Die Stichprobe des dritten Messzeitpunkts besteht aus N = 140 Personen, die auch schon an der ersten und ggf. zweiten Befragung teilgenommen hatten. Davon sind 128 (91.4 %) muslimisch und 12 (8.6 %) gehören keiner Religionsgemeinschaft an. Da seit der ersten Befragung ein Jahr vergangen ist, hat sich auch der Altersdurchschnitt verändert. Dieser liegt nun bei 21.38 Jahren (vgl. Abb. 1).

Die Verteilung des Alters zu Messzeitpunkt 3 (N = 140)

In der Stichprobe befinden sich 82 Männer und 58 Frauen (vgl. Abb. 2) aus den Ländern Syrien (78.6 %), Irak (10.7 %) und Afghanistan (10.7 %).

 

Die Verteilung des Geschlechts zu Messzeitpunkt 3 (N = 140)

Lebenszufriedenheit

Die meisten Befragten sind mit ihrem Leben im Moment zufrieden oder ganz und gar zufrieden (ca. 65 %; vgl. Abb. 3; Frage: „Wie zufrieden sind Sie gegenwärtig alles in allem mit Ihrem Leben?“). Ungefähr 15 % der befragten geflüchteten Jugendlichen der ReReRi-Stichprobe wissen gerade nicht, ob sie mit ihrem Leben zufrieden sind oder nicht. Nicht zufrieden bis ganz und gar unzufrieden sind mit ca. 20 % ein Fünftel der Befragten. Vergleicht man die Mittelwerte der Lebenszufriedenheit aus dem ersten mit dem dritten Messzeitpunkt, zeigt sich praktisch keine Veränderung (MMZP1 = 7.39, SDMZP1 = 2.39; MMZP3 = 7.39, SDMZP3 = 2.29; Hedges‘ g = .00; 95 % CI [-.24; .24]).

Die Zufriedenheit mit dem Leben zu Messzeitpunkt 3 (N = 137)

Lebensziele

Auf einem Spektrum von 1 bis 11 wurden die Befragten gebeten, sich in Bezug auf ihre Zustimmung oder Ablehnung zu insgesamt 9 Aussagen zu deren Lebenszielen bzw. Lebenssinn einzuordnen (Frage: „Wie würden Sie sich auf den folgenden Alternativen einordnen?“, z. B.: In meinem Leben habe ich …: … keine Ziele oder Perspektiven. / … sehr klare Ziele und Perspektiven.). Aus diesen neun Fragen wurde eine Gesamtskala gebildet und deren Mittelwert berechnet. Durchschnittlich schätzen die Befragten den Sinn und die Ziele in ihrem Leben recht hoch ein (= 7.12; SD = 2.00). Vergleicht man die Mittelwerte der Skala zum Lebensziel aus MZP1 und MZP3, lässt sich ein geringfügiger, aber statistisch bedeutsamer Rückgang feststellen (vgl. Abb. 4, t(137) = 2.49; p = .014; ∆M = -.43, 95 % CI [.09; .77]). Es handelt sich dabei um einen kleinen Effekt (Hedges‘ g = .23; 95 % CI [-.01; .46]).

Mittelwertvergleich der Skala zu den Lebenszielen (Purpose in Life) (N =138)

Diskriminierungserfahrungen

Auch in Messzeitpunkt 3 geben sehr viele Befragte der ReReRi-Studie an, in ihrem Alltag Diskriminierungen zu erleben (vgl. Abb. 5). Knapp 66 % fühlen sich in der Schule oder an der Arbeit schlechter behandelt und fast 82 % sagen, dass sie bei der Arbeitssuche eher abgelehnt werden als andere. Fast alle Befragten sind der Meinung, dass sie sich als Flüchtlinge mehr anstrengen müssen als andere (ca. 88 %).

Erfahrungen mit Diskriminierung zu Messzeitpunkt 3 (N = 135)

Fasst man die drei Items zu einer Skala zusammen und vergleicht die Werte des ersten mit denen des letzten Messzeitpunkts fällt ein signifikanter Anstieg von Diskriminierungserfahrungen auf (vgl. Abb. 6). Lag der Mittelwert der Diskriminierungserfahrungen in Messzeitpunkt 1 noch bei M = 2.89 (SD = .71), ist er in Messzeitpunkt 3 auf M = 3.09 (SD = .68) angestiegen. Bei diesem Anstieg (∆M = -0.21, 95 % CI [-.32; -.09]) handelt es sich um einen statistisch bedeutsamen, aber kleinen Effekt
(t(135) = -3.56; p < .001; Hedges‘ g = .30; 95 % CI [‑.54; .06]).

Mittelwertvergleich der Diskriminierungserfahrungen MZP1 zu MZP3 (N = 136)

Religiosität

Überdies wurde noch gefragt, wie religiös sich die Jugendlichen selbst einschätzen (Frage: „Unabhängig davon, ob Sie einer Religionsgemeinschaft angehören, für wie religiös halten Sie sich selbst?“). Die meisten sind unentschieden, ob sie religiös sind oder nicht (ca. 43 %). Knapp 29 % sehen sich als eher religiös. Die anderen Antwortoptionen wurden von etwa 10 % der Befragten gewählt. Dennoch zeigt sich, dass die meisten Befragten sich mittel bis sehr religiös einschätzen (vgl. Abb. 7). Verglichen mit den Angaben in Messzeitpunkt 1, hat sich die religiöse Selbsteinschätzung der Befragten nicht bedeutsam verändert (∆M = -0.08, 95 % CI [‑.07; .24]; t(129) = 1.10; p > .05; Hedges‘ g = .08; 95 % CI [‑.16; .32]).

Selbsteinschätzung der Religiosität zu Messzeitpunkt 3 (N = 133)

Politisches Engagement

Etwas anders sieht es beim politischen Engagement aus (vgl. Abb. 8, Aussage: „Ich halte es für sinnlos, mich politisch zu engagieren.“). Hier sind die Antworten breiter gestreut. Es gibt keine deutliche Zustimmung oder Ablehnung. Etwa ein Drittel der Befragten halten politisches Engagement für sehr sinnvoll oder für eher sinnvoll (37 %). Etwas kleiner ist die Gruppe, die politisches Engagement für eher nicht sinnvoll erachtet oder gar keinen Sinn darin sehen, sich politisch zu engagieren (29 %). Die größte Gruppe der Befragten ist demnach unentschlossen, wie sie politisches Engagement einschätzen. Verglichen mit den Angaben in Messzeitpunkt 1 ist die Zustimmung zwar minimal gesunken (∆M = -0.13, 95 % CI [‑.15; .40]), letztlich lässt sich aber kein bedeutsamer Unterschied feststellen (t(117) = 0.91; p > .05; Hedges‘ g = .10; 95 % CI [‑.16; .36]).

Sinn von politischem Engagement in der ReReRi-Studie zu Messzeitpunkt 3 (N = 127)

Die Untersuchung ist beendet. Wir werten die Daten im Moment vertieft aus und benachrichtigen über diese Website über die Ergebnisse.

Wir bedanken uns bei all den jungen Menschen, die an der Studie teilgenommen haben. Wir hoffen, dass viele von ihnen bereit sind, auch bei den weiteren Befragungen mitzuwirken. Wir danken auch denen, die uns geholfen haben junge Geflüchtete ausfindig zu machen.

Für Rückfragen stehen wir gern unter folgender E-Mail-Adresse zur Verfügung:
projekt-rereri@fau.de

Weitere Infos zur ReReRi-Studie sind auf unserer Website zu finden:
https://www.rereri.phil.fau.de

Literatur

Böhnisch, Lothar (2016). Der Weg zum sozialpädagogischen und sozialisationstheoretischen Konzept Lebensbewältigung. In: Litau, John, Walther, Andreas, Warth, Annegret & Wey, Sophia (Hrsg.) Theorie und Forschung zur Lebensbewältigung: Methodologische Vergewisserungen und empirische Befunde (S. 18–38). Weinheim: Beltz Juventa.

Huber, Stefan & Huber, Odilo W. (2012). The Centrality of Religiosity Scale (CRS). Religions, 3. S. 710 – 724. doi: 10.3390/rel3030710